Céline Struger and Luca Sabot: BETWIXT!! (13.12.2024-24.01.2025) von Victor Cos Ortega | märz 2025
Wie immer wäre es einfacher, den Ausstellungstext zu kopieren, anstatt mit anderen Worten noch einmal das Gleiche zu sagen, und weil in diesem Fall Peter Varnai vom Kunstraum discotec einen so guten Job gemacht hat, lass doch einfach – einen Teil davon – hier übernehmen. Peter fasst also die künstlerische Praxis von Luca Sabot und Céline Struger, die er in der Ausstellung BETWIXT!! zusammengebracht hat, folgendermaßen zusammen:
Sabot’s mechanical constructs are tools of distancing, they structure intense emotions into mechanical frameworks that allow sensing the outer edges of an inner turmoil. Céline’s sculpture collages use symbolism and mythology, weaving together elements of ritual and storytelling to create not objects, but moments in a ritual of summoning.
Was mich in die Situation bringt, den Text, der dann doch auch wieder gewohnt vage bleibt, zu erläutern. Das bedeutet auch keine qualitative Verschiebung, wenn es um die Frage geht, was Kunstkritik soll, und der gewöhnliche Ansatz (zu erklären) unbefriedigend erscheint. Was immer geht, ist Fragen stellen, so wie:
Was sollen Ausstellungstexte?
Was soll Kunstkritik?
Und was soll Kunst?
BETWIXT!! ist eine unterhaltende Ausstellung, denn es tut sich viel, was vor allem an Luca Sabots Maschinen liegt, die, von kleinen Elektromotoren angetrieben und mittels relativ rudimentärer Mechanik auf verschiedene Formen der Zerstörung, auch: Selbstzerstörung, hinführen, was also noch den zusätzlichen Kick einer guilty pleasure gibt. Aber auch Céline Struger hat einen Anteil daran, denn zum einen beherrscht auch sie die kinetische Skulptur (eine solche ist Ursprung eines steten Tropfens, das die Klangkulisse des Ausstellungsraums dominiert), zum anderen lassen sich ihre Arbeiten auf eine Ikonografie der Mystik und des Mysteriums ein, ganz abgesehen davon, dass sie als Projektionsflächen für so etwas wie Materialfetischismus missbraucht werden könnten.
Die spektakulärste Arbeit der Ausstellung heißt Apparatus #5 und ist eine Maschine, die Zähne zertrümmert, in Anlehnung an eine Form, als welche sich Stress im menschlichen Körper äußert (starke Anspannung der Kiefermuskulatur im Schlaf kann zur Spaltung einzelner Zähne führen). In Bezug auf die Frage, was Kunst soll, bietet sie eine anschauliche Folie zur Diskussion, denn die Kunst präsentiert sich hier als tool, das der Ableitung von Gefühlen dient, und macht sich also nützlich und benützbar, und sei es auch nicht unbedingt im Sinne einer Gefühlsverarbeitungsmaschine, was, zumindest für Betrachterinnen und Betrachter dahingestellt sei, aber für ihren Erzeuger zu funktionieren scheint. (Luca Sabot wirkte auf mich wie ein sehr ausgeglichener Mensch.) So kann Apparatus #5 doch mindestens in Bezug auf die Frage nach Zweck und Wesen von Kunst als Brille dienen, durch welche sie betrachtet werden kann. Die Arbeit spielt somit auf mindestens zwei bekannte Figuren von Kunst an, erstens: Kunst als Mittel zu Erkenntnisgewinn, zweitens: Kunst als Destabilisierung des Kunstbegriffs und, wenn wir schon dabei sind, auch drittens: Kunst als Weg zur Katharsis (viertens: Kunst als Unterhaltung).
Céline Struger hat Luca in Reaktion auf diese Arbeit, die in einen Tisch verbaut ist, verschiedene Stühle vorgeschlagen. Die Wahl fiel auf einen Stuhl des Typs Geburtsstuhl (auch: Gebärstuhl oder Gebärschemel), ein so genanntes found object, das als Objekt schon älter sein dürfte und als Beispiel seiner Gattung Jahrtausende zurückgeht, und durch seine ursprüngliche Funktion ja auch Momente der Transformation und des Schmerzes mitbringt, also durchaus Schnittstellen mit Lucas Arbeit hat. Es trägt allerdings dieser Stuhl das Zeichen einer künstlerischen Intervention in Form eines kleinen und schmalen metallenen Einsatzes, der eine Spalte in der Sitzfläche des Stuhls ausfüllt. Im Kontext einer vergoldeten Wandarbeit der Künstlerin, die sich religiöser Ikonografie bedient (Engelsflügel, Totenschädel), liest sich diese Markierung als Zeugnis einer dem Wesen nach rituellen Handlung, die die Künstlerin an dem Stuhl vorgenommen hat. Aber im Vergleich mit Luca Sabots doch sehr direkter Form der Artikulation scheint man mir hier mit einer Ausdrucksform konfrontiert, die viel stärker auf Mehrdeutigkeiten hin geöffnet ist.
Laut Eintrag im Cambridge Dictionary steht der Begriff "betwixt" übrigens für ein Dazwischen oder ein Weder – noch. Es ist auch der Name einer Mental Health App (Betwixt – The Mental Health Game) von Mind Monsters Games, die mit 5,0 Sternen bewertet ist und mit folgendem Slogan wirbt: An epic journey of self-discovery. Conquer stress. Ease anxiety. Unlock your wisest self. Backed by research.
BETWIXT!!, 2024, Céline Struger & Luca Sabot, discotec.
Photo: Tina Kult.
BETWIXT!!, 2024, Céline Struger & Luca Sabot, discotec.
Photo: Tina Kult.
BETWIXT!!, 2024, Céline Struger & Luca Sabot, discotec.
Photo: Tina Kult.
BETWIXT!!, 2024, Céline Struger & Luca Sabot, discotec.
Photo: Tina Kult.